Wie steht es um den Zustand von Berner Au und Wandse?
Drs. 22-1442
Kleine Anfrage vom 24.04.2025
Sachverhalt:
Die Alster ist Hamburgs 56 km langer Zufluss zur Elbe mit ihrerseits zufließenden Gewässern, wie Saselbek, Osterbek, Tarpenbek, Wandse und anderen. Während die Alster laut LAWACode (LAWA = Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft) 14 als sandgeprägter Tieflandbach typisiert ist, sind Wandse, Berner Au und Stellau nach LAWA-Code 16 (kiesgeprägter Tieflandbach) typisiert. Kies ist existenziell wichtig für die heimische Forelle sowie meerwandernde Fischarten, wie Lachs, Meerforelle und Meerneunauge, da sie allesamt zu den Kieslaichern zählen. Sowohl die heimische Forelle, wie Lachs, Meerforelle und Meerneunauge stehen auf der roten Liste für bedrohte Tierarten. In Hamburg lebende Vögel wie Graureiher und Eisvogel sind auf eine intakte Nahrungskette angewiesen. Seit mehreren Jahren werden große Anstrengungen unternommen, um Meerforelle und Meerneunauge in der Alster und ihren Zuflüssen wieder heimisch zu machen.
Bei einer Begehung im März 2025 an verschiedenen Bereichen der Wandse und Berner Au fiel auf, dass sich diese beiden Gewässer in einem schlechten Zustand befinden. Es ist weder ausreichend Kies vorhanden noch genügend Strömungsbrecher. Pflanzen wuchern ins Gewässer. Laub, Dreck und Schlamm sammeln sich in vielen Bereichen. Ehemals eingebrachte Kiesbetten sind längst komplett im Schlamm oder Sand versunken.
An der Wandse auf Höhe „Bei der Hofenkarre“ besteht der Grund nur aus Sand und Schlamm. Laub und totes Geäst sorgen für Verschlammung. Überhängende Pflanzen stoppen die Strömung und sammeln Treibgut, Laub und Dreck. An der Wandse auf Höhe „Holzmühlenstraße“ bestimmen Dreck, Laub und totes Geäst das Bild. Der Grund besteht ausschließlich aus Schlamm. Wuchernde über- und einhängende Pflanzen verhindern Strömung und sammeln Dreck und Treibgut.
An der Wandse zwischen Litzowstraße und Ring 2 ist ehemals eingebrachter Kies längst im Sand/Schlamm versunken. Die Ufer sind befestigt. Es gibt keine Strömungsbrecher und keine mäandernde Struktur. Der Grund besteht nur aus Sand und Schlamm.
An der Berner Au auf Höhe des SC Condor-Sportplatzes sind ehemals vor ca. 18 Jahren eingebrachte Kiesbänke komplett im Sand und Schlamm versunken. Die mäandernde Struktur, die damals durch die versetzt eingebrachten Kiesbänke vorhanden war, ist komplett aufgehoben.
An der Berner Au unterhalb des Rahlstedter Weges besteht der Grund nur aus Schlamm. Es gibt keinen Kies, keine Strömungsbrecher und keine mäandernde Struktur.
An der Berner Au auf Höhe Stargarder Straße ist das Ufer mit Pflöcken befestigt. Ergebnis ist fehlende mäandernde Struktur. Es gibt keinen Kies und auch keinen Sand. Als Grund ist nur Schlamm vorhanden.
Am Deephorngraben auf Höhe Berner Schloss/Berner Bahnhof ist ehemals eingebrachter Kies im Sand versunken. Als Grund gibt es fast nur Sand und Schlamm. Dreck, Laub und totes Geäst verstopfen den Bachlauf.
Viele Kleinstbäche, die in die Berner Au oder Wandse münden (z.B. entlang des U-Bahn-Deiches) führen Ocker. Ocker erkennt man an der braun-roten Verfärbung. Es entsteht durch Eingriffe des Menschen. Hier werden Eisen- und Mangan-Verbindungen ausgefällt. Ockerbelastung ist schwer schädlich für Tiere und Pflanzen im Wasser.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Verwaltung:
Das Bezirksamt Wandsbek antwortet wie folgt: 06.05.2025
1. Wie oft finden Begehungen an der Berner Au und der Wandse statt und mit welchen Ergebnissen?
Bitte auch Teilabschnitte nennen nach Hinweisen und Beschwerden von Bürgern und Institutionen.
Bezirksamt Wandsbek:
Die zugänglichen Abschnitte der Wandse und Berner Au werden mindestens einmal im Jahr und punktuell anlassbezogen begangen. Es wurden hauptsächlich Uferabbrüche,
Sturzbäume und Abflusshindernisse festgestellt. Eine statistische Erfassung von Hinweisen und Beschwerden erfolgt nicht. Hinweise werden direkt an die Gewässerunterhaltung weitergegeben.
2. Wer führt die Begehungen an der Berner Au und der Wandse durch?
Bezirksamt Wandsbek:
Das Bezirksamt Wandsbek, Fachamt Management des öffentlichen Raumes, Abschnitt Wasserwirtschaft.
3. Wie bewertet die Verwaltung den Gewässerzustand von Berner Au und Wandse? Was für Herausforderungen gibt es?
Bezirksamt Wandsbek:
Wandse und Berner Au sind Stadtbäche, welche im Zuge der Umsetzung der EG- Wasserrahmenrichtlinie wie alle Hamburger Gewässer als stark veränderte Wasserkörper
(HMWB – Heavily Modified Water Bodies) eingestuft sind. Sie wurden mit der Besiedelung der Stadt und dem Bau der Regenwasserkanalisation begradigt und verbaut.
Beide Gewässer haben Rückhaltebecken oder Teiche im Hauptschluss, welche zu Rückstaubedingungen im Fließgewässer führen, einhergehend mit Sedimentation der mitgeführten Frachten sowie Erhöhung der Wassertemperatur. Eine weitere Herausforderung sind die Sand- und sonstigen siedlungs- und verkehrsbedingten Schmutzfrachten,
die über die Regensiele von den befestigten Flächen eingetragen werden. Ebenfalls führen die vielen befestigten Flächen im Einzugsgebiet zu hydraulischem Stress – hohen
Abflussschwankungen – in den Gewässern.
Das zunehmende langanhaltende Ausbleiben von Niederschlägen begünstigt ein Austrocknen der Oberläufe. Jedoch kann sich auch bereits ein niedriger Wasserstand ungünstig
auswirken. Ungeachtet teils deutlicher Veränderungen sind viele Bereiche der Gewässer noch als naturnah einzuschätzen und erfüllen die Kriterien als gesetzlich geschützte Biotope nach dem Naturschutzrecht.
4. Wann wurden die letzten Maßnahmen an der Berner Au und der Wandse, wie Kieseintrag, Einbringen von Strömungsbrechern zur Förderung einer mäandernden Struktur
oder andere durchgeführt?
Bezirksamt Wandsbek:
Im Februar 2025.
5. Sollten die eingebrachten Kiesbänke in die Berner Au und der Wandse regelmäßig gepflegt werden, wie in anderen Gewässern auch?
a. Wenn ja, wann und wie?
b. Wenn nein, warum nicht?
Bezirksamt Wandsbek:
Ja. Wenn eine Verschlickung von potenziellen Laichplätzen droht und die Fische dies nicht mehr selbst bewerkstelligen, kann eine Auflockerung von Kiesbänken sinnvoll sein.
6. Gibt es ein Monitoring über Fischarten und andere im Wasser lebenden Tierarten in der Berner Au und der Wandse?
a. Wenn ja, wie erfolgt dies und wo können die Ergebnisse eingesehen werden?
b. Wenn nein, warum nicht?
Bezirksamt Wandsbek:
Ja. Die Aufnahme der Gewässergüte und das Monitoring zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie erfolgt in Zuständigkeit der BUKEA. Die Ergebnisse sind über den Internetauftritt öffentlich zugänglich: https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/bukea/themen/wasser/gewaesser/monitoring-biologie-177606
7. Gibt es eine Bestandsaufnahme von Tierarten an diesen Gewässern (Berner Au und Wandse), die auf eine funktionierende Nahrungskette im und am Wasser angewiesen sind?
a. Wenn ja, welche?
Bezirksamt Wandsbek.
Ja. Siehe Antwort zu Frage 6.
8. In welchem Zustand sind die Abschnitte der Bachpatenschaften an der Berner Au und der Wandse?
Bezirksamt Wandsbek:
Eine gesonderte Betrachtung der an die ehrenamtlich tätigen Bachpaten vergebenen Gewässerabschnitte erfolgt nicht; im Übrigen siehe Antworten zu den Fragen 3 und 6.
9. In welchem Zustand sind die Abschnitte der Bachpatenschaften an den anderen Gewässern des Bezirkes Wandsbek?
Bezirksamt Wandsbek:
Siehe Antwort zu Frage 8.
10. Gibt es einen regelmäßigen Austausch mit den Bachpaten und werden Begehungen und Beobachtungen (z.B. Müll, Dreck, Verunreinigung, u.a.) dokumentiert und an die Verwaltung weitergegeben?
Bezirksamt Wandsbek:
Ja. Die Bachpaten beseitigen z.B. Verschmutzungen eigenständig oder geben entsprechende Hinweise an die Wasserwirtschaft weiter.
11. Sind Maßnahmen geplant, bedrohte Tierarten, wie die heimische Forelle oder andere wieder heimisch zu machen? Bitte die einzelnen Projekte nennen.
Bezirksamt Wandsbek:
Mit dem Projekt Forelle 2010, einer Kooperation zwischen dem BUND und dem Bezirksamt Wandsbek und gefördert durch die HEW Umweltstiftung ist die Bachforelle in Rahlstedt
wieder angesiedelt worden (Projektjahre 2000-2005).
12. Welches Potential hätten Wandse und Berner Au für solche Vorhaben, wie in Frage 10 beschrieben?
Bezirksamt Wandsbek:
Vorbehaltlich weiterer Prüfungen erscheint das Potential grundsätzlich gegeben.
13. In welchen Abständen werden die Gewässer im Bezirk Wandsbek von Verunreinigungen, Dreck, Müll, totes Geäst u.a. gereinigt?
Bezirksamt Wandsbek:
Verunreinigungen und Abfall werden anlassbezogen entfernt. Totes Geäst wird als habitatbildendes Strukturelement in der Regel gezielt im Gewässer belassen, sofern es den
Abfluss nicht behindert.
14. In welchen Abständen findet Ast- und Baumbeschnitt (insbesondere für solche Pflanzen, die ins Gewässer einwachsen) an den Gewässern des Bezirkes statt?
Bezirksamt Wandsbek:
Es werden ausschließlich Abflusshindernisse, die z.B. durch den übermäßigen Wuchs von Brombeeren entstehen können, einmal jährlich entfernt. Im Übrigen erfolgt eine
Baumkontrolle zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit entlang der Gewässer in einem zweijährigen Turnus.
15. Wird der Aspekt der Überdüngung (auch aus von weit entlegenem Einfluss) beachtet?
a. Wenn ja, in welcher Form?
b. Wenn nein, warum nicht?
Bezirksamt Wandsbek:
Ja. Siehe Informationsschrift für Gewässer-Anlieger „Lebens- und Naturraum Gewässer“ https://www.hamburg.de/resource/blob/76668/18379a8c541ba1d4f3d4ab3e6c93670b/pdf-flyer-gewaesseranlieger-data.pdf
und Informationen zum Umgang mit Gartenabfällen:
https://www.hamburg.de/resource/blob/78768/33deca939b9cd1faccf9f3aec8d8224a/download-pdf-gartenabfaelle-kurzfassung-2025-data.pdf
sowie
https://www.hamburg.de/resource/blob/78772/5f35895ce1971bba235403530de4a4f5/download-pdf-gartenabfaelle-langfassung-2025-data.pdf
Eine Überwachung der stofflichen Belastung der Gewässer erfolgt über das Wassergütemessnetz in Zuständigkeit des Instituts für Hygiene und Umwelt:
https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/bukea/hu/umweltuntersuchungen/wasseruntersuchungen
16. Wie ist die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten geregelt?
Bezirksamt Wandsbek:
Nach § 76 Wasserhaushaltsgesetz und §§ 54, 54a, 54b des Hamburgischen Wassergesetzes.
17. Wie ist die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten zu beurteilen, im Zusammenhang mit möglichen Maßnahmen zur Wiederherstellung der natürlichen Struktur, z.B. in
Bezug auf die Natura2000 Verordnung/EG-Wasserrahmenrichtlinie?
Bezirksamt Wandsbek:
Die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten ist ein Instrument des vorbeugenden Hochwasserschutzes. Es erfolgt eine Abstimmung zwischen den gewässerökologischen
Zielsetzungen und den Belangen des Hochwasserschutzes.